Besonders in Zeiten von Home-Office und mobiler Arbeit werden die Grenzen zwischen Job und Privatleben zunehmend unklarer, sodass eine genaue und faire Arbeitszeiterfassung für beide Parteien für mehr Transparenz sorgt.
Was genau unter Arbeitszeiterfassung zu verstehen ist, wie diese gesetzlich geregelt ist und welche Systeme zur Erfassung der Arbeitszeit verwendet werden können, erfährst Du im folgenden Beitrag.
Arbeitszeiterfassung: Was ist das eigentlich?
Die Arbeitszeiterfassung ist ein Oberbegriff für alle Maßnahmen, mit denen die täglichen Arbeitszeiten von Angestellten so genau wie möglich dokumentiert werden können. Die Arbeitszeiterfassung umfasst den Zeitraum, der vertraglich als Arbeitszeit definiert wurde. Ruhezeiten und gesetzlich vorgeschriebene Pausen zählen nicht zur Arbeitszeit. Mit dem Aufzeichnen der Arbeitszeit sind sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer in der Lage, die Einhaltung der Pausenzeiten im Überblick zu behalten, mögliche Fehler in der Lohnabrechnung zu erkennen und zu korrigieren sowie Überstunden auf die Minute genau zu erfassen.
Gesetzliche Regelungen zur Arbeitszeiterfassung
Seit 1994 gibt es das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), das für alle Arbeitsverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland ohne Einschränkung Gültigkeit besitzt. In diesem wurden bereits die gesetzlichen Mindestruhezeiten, die tägliche Höchstarbeitszeit sowie der vorgeschriebene zeitliche Abstand zwischen zwei Arbeitsschichten festgelegt.
Bis 2019 umfasste dieses Gesetz lediglich die Pflicht, Überstunden zu erfassen und damit die Zeit, die über die reguläre Arbeitszeit hinausgeht. Bei einem Arbeitsvertrag, der 40 Stunden umfasst, wäre das die Zeit, die zusätzlich zu den vereinbarten 8 Stunden pro Tag geleistet wird sowie Arbeit an Sonn- und Feiertagen.
Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit im Jahr 2022
Im Mai 2019 wurde vom EuGH ein neues Urteil erlassen, das heute noch gilt. Seitdem besteht für Unternehmen eine Verpflichtung zur vollständigen Erfassung der Arbeitszeit, von Arbeitszeitbeginn bis -ende, einschließlich Ruhezeiten und Überstunden. Ob die Aufzeichnung digital oder analog erfolgt, liegt im Ermessen des Unternehmens.
Indem diese Regelung eintrat, wurde das Augenmerk deutlich auf das Wohl und die psychische Gesundheit der Angestellten gelegt sowie auf Transparenz innerhalb des Unternehmens. Sollte der Arbeitgeber beispielsweise wiederholt gegen die Arbeitszeitregelung verstoßen und unbezahlte Überstunden verlangen, können die Arbeitnehmer die Behörden informieren. Gleichzeitig ist es dem Arbeitgeber möglich, die Mitarbeiter zu enttarnen, die ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit nicht erfüllen.
Erfassungssysteme und Modelle
Die Erfassung der Arbeitszeit kann auf vielen verschiedenen Wegen erfolgen, wobei bisher keine konkrete Form gefordert wird und jedes Unternehmen selbst über die Art der Zeiterfassung entscheiden kann. Die Entscheidung sollte basierend auf der Unternehmensbranche, der Organisation des Betriebs, dem Arbeitszeitmodell sowie der eigenen Präferenz getroffen werden.
Ein IT-Unternehmen wird die Arbeitszeit anders erfassen als ein Handwerkerbetrieb, ein kleines Familienunternehmen anders als eine international agierende Firma, Unternehmen mit Schichtarbeit anders als solche mit Kernarbeitszeit und einem sonst flexiblen Arbeitszeitmodell.
Die Arbeitszeiterfassungssysteme, die von Unternehmen am häufigsten verwendet werden, sind:
- die Stempeluhr,
- das stationäre System,
- die Niederschrift im Stundenzettel,
- die Excel-Tabelle,
- die Desktop- oder Smartphone Anwendung.
Die Stempeluhr
Die Stempeluhr ist wohl die klassischste Variante und eignet sich besonders für Unternehmen, in denen ein festes Schichtsystem etabliert ist. Zur Zeiterfassung wird die Arbeitszeit auf eine Karteikarte gestempelt, die für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zugänglich ist. In Zeiten der steigenden Digitalisierung wird dieses System jedoch zunehmend durch eine modernere, sichere Art der Datenverarbeitung ersetzt.
Zeiterfassung via Browser-Stempeluhr
Arbeitnehmer können flexibel über ihren Browser ihre Zeiten erfassen. Sobald sie ihren Laptop hochfahren, stempeln sie sich per Browser-Stempeluhr ein und können sich ebenso einfach wieder ausstempeln, um beispielsweise eine Pause zu machen.
Vorteil: Arbeitszeiten können sehr einfach und bedienungsfreundlich erfasst und auch nachträglich verändert werden.
Nachteil: Die Zeiterfassung ist abhängig davon, dass ein Mitarbeiter über eine gute, stabile Internetverbindung verfügt. Kommt es zu Netzstörungen, ist die Zeiterfassung unterbrochen.
Das stationäre System
Das stationäre System, sei es mittels eines Chips, eines Mitarbeiterausweises oder gar des Fingerabdrucks, ist wie eine zeitgemäße Version der Stempeluhr. Der Mitarbeiter geht nach wie vor zu einem bestimmten Ort im Gebäude, wo sich das Terminal befindet, und verwendet statt der Stempelkarte einen digitalen Stempel des Arbeitszeitbeginns. Oftmals ist das stationäre System mit einer Desktop-Anwendung verbunden, sodass die Arbeitszeiten jederzeit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer eingesehen werden können.
Zeiterfassungsgeräte mit RFID-Chip
Physische Zeiterfassungsgeräte werden bei einem Arbeitgeber installiert. Jeder Mitarbeiter hält zu Beginn und Ende der Arbeitszeit seinen persönlichen Transponder in Form einer Karte vor das Gerät. Das Terminal erfasst Datum und Uhrzeit und gibt die Daten an die Software weiter.
Vorteil: Die Bedienung ist einfach, die Zeiten an mehreren Standorten können erfasst werden, Auswertungen sind in Echtzeit möglich.
Nachteil: Über physische Zeiterfassungsgeräte lassen sich keine Stunden erfassen, die zum Beispiel unterwegs oder remote geleistet werden. Diese müssen manuell nachgetragen werden und können leicht in Vergessenheit geraten. Gleichzeitig können Zeiterfassungskarten, die auch als Zugangskarten dienen, von nicht autorisierten Personen am Gerät verwendet werden, was ggf. zu Sicherheitsbedenken führt.
Die Niederschrift
Das handschriftliche System, der sogenannte Stundenzettel, wird oft von Firmen verwendet, deren Mitarbeiter keinen festen Arbeitsplatz haben und weniger digitalisiert sind als andere Branchen. So sind es oft Mitarbeiter im Handwerk, in der Baubranche oder im Außendienst, die ihre Arbeits- und Pausenzeiten handschriftlich vermerken.
Die Excel-Tabelle
Eine Excel-Tabelle kann durchaus zur Arbeitszeiterfassung verwendet werden, ist jedoch auch eine der unzuverlässigsten Varianten. Sie ist leicht manipulierbar und menschliche Fehler bei der Dateneingabe sind nicht auszuschließen.
Desktop- oder Smartphone-Anwendung
Eine Desktop- oder Smartphone-Anwendung eignet sich gut für Unternehmen, in denen ein sehr großer Teil der Mitarbeiter dauerhaft am PC arbeitet. Mit einem Mausklick wird die Aufzeichnung der Arbeitszeit begonnen und auf gleiche Weise beendet. Ebenso werden Beginn und Ende der Pausen auf die Sekunde genau im System vermerkt, sodass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer jederzeit eine genaue Übersicht der geleisteten Arbeitsstunden und Ruhepausen einsehen können. Oft werden in diesem System auch Urlaubstage beantragt und eingetragen, Krankheits- und Fehltage vermerkt sowie möglicher Überstundenausgleich erfasst.
Welches System das Unternehmen auch gewählt hat, um die Arbeitszeit zu dokumentieren: Entgegen der weitläufigen Meinung dient die Arbeitszeiterfassung keineswegs der Kontrolle der Mitarbeiter, sondern der Fairness und Transparenz innerhalb des Unternehmens. Die Ausbeutung der Mitarbeiter und dem ständigen Überschreiten der vereinbarten Arbeitszeit soll so vorgebeugt werden.
Arbeitszeiterfassung und Datenschutz
Wo es um die Verarbeitung von Daten geht, muss auch der Schutz besagter Daten berücksichtigt werden. Wie mit den Daten zur Arbeitszeiterfassung umgegangen werden darf, wird im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sowie in der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) geregelt.
Da die genauen Arbeitszeiten eines Mitarbeiters zu den persönlichen Daten zählen, gelten diese als besonders schützenswert. Um Missbrauch zu vermeiden, müssen daher seitens des Unternehmens Maßnahmen ergriffen werden, die den Zugang für Unbefugte verhindern.
Es gibt sieben essenzielle Maßnahmen zu Schutz der persönlichen Daten:
- Die Zutrittskontrolle: Der Zugang zu Datenverarbeitungsanlagen darf nicht für jeden möglich sein.
- Die Zugangskontrolle: Das Zeiterfassungssystem, in welcher Form es auch genutzt wird, soll nur der Person zugänglich sein, um deren Zeiterfassung es sich handelt.
- Die Weitergabekontrolle: Es darf nicht möglich sein, Daten ohne Weiteres zu lesen, zu kopieren oder aus dem Zeiterfassungssystem zu entfernen.
- Die Eingabekontrolle: Sollten Daten korrigiert werden müssen, muss deren Änderung nachvollziehbar bleiben.
- Die Auftragskontrolle: Daten dürfen nur entsprechend der Weisung verarbeitet werden.
- Die Verfügbarkeitskontrolle: Der Verlust oder die Zerstörung von Daten muss verhindert werden.
- Daten zur Erfassung der Arbeitszeit dürfen nicht für andere Zwecke als diesen verwendet werden. Sie dürfen außerdem nicht gemeinsam mit anderen Daten verarbeitet werden.
Die Daten zur Erfassung der Arbeitszeit müssen laut Gesetz zwei Jahre aufbewahrt werden, bevor sie vernichtet werden dürfen.
Die Arbeitszeiterfassung: Für mehr Fairness und Transparenz in der Arbeitswelt
Die Arbeitszeiterfassung soll kein Kontroll- und Überwachungsinstrument darstellen, sondern für mehr Transparenz sorgen. Arbeitszeiten und Überstunden können damit sekundengenau erfasst werden, wodurch mögliche Überstundenabrechnungen fair und nachvollziehbar sind und sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer nachweisen können, dass die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit eingehalten wurde.