20.10.24

Dein Anspruch auf ein Arbeitszeugnis: Regelungen zur Ausstellung

Das Arbeitszeugnis ist wichtig für deine berufliche Zukunft. Du hast Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis, das deine Leistungen widerspiegelt. Wir erklären es dir im Detail!

Das Arbeitszeugnis ist ein wertvolles Dokument, auf das du bei Beendigung deines Arbeitsverhältnisses einen rechtlich verankerten Anspruch hast. Es ist überraschend, dass dieses Recht von Unternehmen oft vergessen oder übersehen wird. Inmitten hektischer Arbeitsabläufe oder Personalwechsel wird das Ausstellen eines Zeugnisses häufig zur Nebensache, sodass du aktiv auf deinen Anspruch bestehen musst, anstatt ihn als selbstverständlich anzusehen.

Dabei ist dieses weitaus mehr als nur eine Formsache. Das Schriftstück reflektiert die erbrachten Leistungen und gibt potenziellen neuen Arbeitgebern einen Einblick in die beruflichen sowie persönlichen Kompetenzen. Für die nachfolgenden Karriereschritte kommt ihm also Relevanz zu, doch nicht jeder nutzt die Chance, es bewusst für sich zu beanspruchen. Unweigerlich wird das Dokument zwar eingefordert, aber die Frage bleibt: Spiegelt es wirklich das wider, was einem zusteht?

In den folgenden Abschnitten werden wir beleuchten, welche Rechte Arbeitnehmer konkret haben, wie sie sicherstellen können, dass sie ein qualifiziertes Zeugnis erhalten und ebenso warum es so wichtig ist, sein Anrecht nicht zu verwirken, wenn das Unternehmen das Zeugnis zu vergessen droht.

Arbeitgeber Zeugnispflicht im Recht

Die gesetzlichen Grundlagen für ein Arbeitszeugnis

Das Recht auf ein Arbeitszeugnis ist in § 109 der Gewerbeordnung (GewO) normiert. Diese Vorschrift gilt für Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), also für alle Personen, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Ausgenommen hiervon sind beispielsweise Beamte, die anderen gesetzlichen Regelungen unterliegen. Der Anspruch entsteht in dem Moment, in dem das Ende des Arbeitsverhältnisses besiegelt wird, sei es durch Kündigung, Aufhebungsvertrag oder Zeitablauf eines befristeten Vertrages.

Für den Arbeitgeber existiert also eine entsprechende Zeugnispflicht. Kommt das Unternehmen dieser nicht nach, ist der Arbeitnehmer befähigt, sein Zeugnis gerichtlich einzufordern. Der Anspruch ist dabei jedoch verjährungsanfällig gemäß den allgemeinen Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), nach denen eine dreijährige Verjährungsfrist ab dem Ende des Kalenderjahres, in dem das Anrecht entsteht, gilt (§ 195, § 199 Abs. 1 BGB).

Die Zeugnisarten

Im Bereich der Arbeitszeugnisse ist zu unterscheiden zwischen einfachen Versionen und qualifizierten Zeugnissen. Das einfache Zeugnis erfüllt die gesetzliche Mindestanforderung durch die bloße Bestätigung der Art der Tätigkeit und der Beschäftigungsdauer. Als Arbeitnehmer sind Sie jedoch imstande, ausdrücklich ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu verlangen, welches zusätzlich eine Leistungs- und Verhaltensbewertung inkludiert.

Anhand der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat das qualifizierte Zeugnis sowohl wohlwollend formuliert zu sein und muss auch wahrheitsgemäß ausfallen. Durch diese doppelte Anforderung ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem bisherigen Mitarbeiter keine unnötigen beruflichen Nachteile zu bereiten, wobei unwahre Angaben zur Imagepolierung ebenso wenig erlaubt sind.

Das Arbeitsrecht ist übrigens nicht nur auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beschränkt. In bestimmten Fällen haben Arbeitnehmer auch während ihrer bestehenden Tätigkeit bei Vorliegen eines berechtigten Interesses den Anspruch auf ein Zwischenzeugnis. Solchen Interessen können interne Umstrukturierungen, Vorgesetztenwechsel, eine bevorstehende Versetzung oder andere Motive zugrunde liegen.

Qualifiziertes Arbeitszeugnis anfordern

Typische Missverständnisse bei der Anforderung von Arbeitszeugnissen

Auf Basis dieser Rechtsansprüche kann ein tieferes Verständnis der häufigsten Stolpersteine Fehlern vorbeugen:

  • Unklarheit aufseiten des Arbeitnehmers

Viele Arbeitnehmer sind sich ihres Anspruchs auf ein qualifiziertes Zeugnis nicht bewusst und haben daher nur ein einfaches Zeugnis mit Art und Dauer der Tätigkeit im Sinn. Das Wissen zu den Unterschieden zwischen diesen beiden Arten ist maßgebend. Gerade, wenn eine umfassende Beurteilung von Leistung und Verhalten gewünscht ist, muss auf qualifizierte Zeugnisse rekurriert werden.

  • Fehlendes Wissen um die Formulierungspflichten

Dass der Arbeitgeber von Gesetzeswegen verpflichtet ist, das Zeugnis wohlwollend und gleichzeitig wahrheitsgemäß zu formulieren, ist ebenso nicht jedem von Begriff. So sind negative Randnotizen oder sonstige Auffälligkeiten wie etwa Rechtschreibfehler, die einen abträglichen Eindruck hinterlassen können, hochproblematisch. Wenn Du das Gefühl hast, dass deine Leistungen nicht angemessen honoriert werden, solltest Du dem so bald wie möglich Ausdruck verleihen.

  • Verjährung

Angestellte sehen sich aufgrund der Fristen verleitet, ausreichend Zeit als gegeben zu konstatieren. Selbst unter Anbetracht der großzügigen Verjährungsfristen sollte das Zeugnis aber direkt nach der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses eingefordert werden, um zu gewährleisten, dass alle Informationen frisch im Gedächtnis sind.

  • Aspekt der Probezeit

Die Annahme, dass Du keines Zeugnisses würdig sind, wenn das Arbeitsverhältnis nicht über die Probezeit hinausgeht, entspricht nicht den Tatsachen. In Wirklichkeit haben auch Arbeitnehmer, deren Beschäftigung die Probezeit nicht überlebt, Anspruch auf die Erteilung eines Arbeitszeugnisses. Das sollte unbedingt im Hinterkopf behalten werden, da auch in der Probezeit gesammelte Erfahrungen für zukünftige Bewerbungen integral sind. Auf ein Zwischenzeugnis oder sogar ein Endzeugnis sollte man keinesfalls leichtsinnig verzichten.

  • Ignorieren der Rechtsgrundlagen aufseiten des Arbeitgebers

Ein unzureichendes oder unzutreffendes Zeugnis ist mitnichten eine Lappalie. Ein Arbeitszeugnis hat klar und verständlich formuliert zu sein und Ausreden sollte man als Arbeitnehmer nicht simpel akzeptieren. In Fällen von Schlampereien kannst Du auf die Korrektur des Zeugnisses bestehen und gegebenenfalls einen Rechtsanwalt engagieren, um rechtliche Schritte einzuleiten.

  • Überprüfung des Zeugnisses

Man kennt das: Nach Erhalt des Zeugnisses wird dieses archiviert, ohne das Dokument auf Punkt und Beistrich zu prüfen. Ungünstige Formulierungen, die durch schnelles Überfliegen nicht auffallen, können aber den Ausschlag geben. Es sollte demnach genug Zeit darauf verbucht werden, das Arbeitszeugnis genauestens zu lesen, damit keine intransparenten Aussagen darin transportiert werden.

Frist für das Anrecht auf Arbeitszeugnisse

Wie Du die Bitte um das qualifizierte Zeugnis richtig artikulierst

Das Recht auf Ihr Arbeitszeugnis können Sie in aller Kürze verbalisieren. Wir nehmen an dieser Stelle die fiktive Person Anna als Beispiel. Nachdem Anna den Beschluss gefasst hat, ihren Job als Marketing Managerin zu kündigen, trachtet sie nach einem Arbeitszeugnis, welches ihre Leistungen betont. Kurz vor ihrem letzten Arbeitstag verfasst sie von ihrem Arbeitsgerät aus eine E-Mail in Richtung ihres Vorgesetzten, Herrn Müller.

Sie beginnt ihre Nachricht freundlich: „Sehr geehrter Herr Müller, ich möchte mich herzlich für die konstruktive Zeit im Unternehmen sowie die Unterstützung bedanken.“ Darauffolgend kommt sie überleitend auf ihr Anliegen zu sprechen: „Da ich mich bekanntlich entschieden habe, das Unternehmen zu verlassen, würde ich Sie bitten, mir ein qualifiziertes Arbeitszeugnis auszustellen. Es wäre mir daran gelegen, dass meine Beiträge zu den Projekten (Projekt A) und (Projekt B), die zu (konkreten Resultaten) geführt haben, darin ausdrücklich Erwähnung finden.“

Anna schließt das Thema mit Worten des Dankes: „Ein aussagekräftiges Arbeitszeugnis wird zu meinen nächsten beruflichen Schritten einiges beitragen. Vielen Dank für Ihre Bemühungen.“

Der Arbeitgeber versperrt sich

So weit, so gut. Sollte sich der Arbeitgeber bei diesem Ansuchen jedoch querstellen, ist lebensnaher Rat teuer. Bei einer Verweigerung wäre ein erster Anlauf, dass Sie in Form einer höflichen E-Mail Ihren Anspruch laut § 109 Gewerbeordnung nachdrücklich akzentuieren. Wenn das nichts hilft, wäre es ratsam, das Gespräch mit der Personalabteilung suchen. Durch den Hinweis auf die berufliche Relevanz in Kombination mit den Facetten des Arbeitsrechts können Sie den Druck auf den Arbeitgeber sanft erhöhen.

Achten Sie darauf, dass Sie bei aller verständlichen emotionalen Anspannung respektvoll bleiben und nicht in Beleidigungen oder Vorwürfe zurückgreifen, da dies die Situation verschärfen kann.

Sollte alle Rede umsonst sein, sollten Sie sich zur Durchsetzung Ihres Rechts an einen Rechtsanwalt oder eine Gewerkschaft wenden. Größtenteils reicht bereits die Aussicht auf rechtliche Konsequenzen aus, um den Arbeitgeber zum Umdenken zu bewegen, da die Unternehmensreputation ein Kapital für sich ist. Als letzten Ausweg können Sie auch eine Schlichtungsstelle konsultieren, die Ihnen bei der Klärung der Angelegenheit behilflich sein kann.

Das Fazit: Ein gutes Recht für die Arbeitnehmerschaft

Mehr als nur ein bloßes Stück Papier ist das Arbeitszeugnis ein Anrecht des Mitarbeiters. Es hält fest, was wir in unseren Jobs geleistet haben, wodurch potenziellen Arbeitgebern aus erster Hand das Wichtigste berichtet wird. Aus der Natur der Sache heraus existiert diesbezüglich ein Spannungsfeld zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Zweitere müssen der Balance des wohlwollenden Zeugnisses bei gleichzeitiger Wahrheitsentsprechung Genüge tun, insbesondere wenn Kritik eingebracht werden soll.

Infolge der Bitte um Ihr qualifiziertes Arbeitszeugnis, sollten Sie sich durchaus in die Schuhe des Arbeitgebers versetzen, wodurch Sie um keinen Millimeter von Ihrem Anspruch abweichen. Ein Dialog auf Augenhöhe kulminiert letztlich in einem Zeugnis, das beiden Seiten gerecht wird.