07.05.19

Bitte recht freundlich!

Viele Unternehmen suchen händeringend nach Fachkräften. Da läge es nahe, alles dafür zu tun, den Talenten den Bewerbungsprozess so angenehm wie möglich zu machen und ihnen eine stimmige Candidate Experience zu bieten. Die Realität sieht aber oft anders aus.

Candidate Experience – was ist das? Eine Definition.

Unter dem Stichwort „Candidate Experience“ versteht man alle Erfahrungen, die ein Talent (Kandidat) in der gesamten Bewerbungsphase mit einem Arbeitgeber sammelt. Dies gilt vor und während des Recruitingsprozesses ebenso sowie in der finalen Einstellungs- und Onboardingphase.  

Bevor ein Kandidat ins Unternehmen integriert wird, gibt es entsprechend jede Menge Gelegenheiten, in denen Arbeitgebern Fehler unterlaufen können. Das tun sie auch. Leider hakt und knarzt es meist schon vor der eigentlichen Bewerbung. Berührungspunkte zwischen Talent und Organisation ergeben sich schließlich bereits beim unverbindlichen Surfen auf der Karriereseite, beim Durchstöbern der Unternehmensauftritte in den sozialen Medien oder beim Aufrufen von Stellenanzeigen.

Warum ist es sinnvoll, sich mit dem Bewerbungsprozess zu beschäftigen?

Unternehmen sollten schleunigst für eine Verbesserung ihrer Prozesse sorgen und ihre Candidate Experience verbessern. Denn was Talente machen, wenn sie mit sperrigen, langatmigen oder komplizierten Bewerbungsprozessen konfrontiert werden, ist hinlänglich bekannt: Sie brechen ab. Andere Arbeitgeber haben schließlich auch schöne Jobangebote!

Laut der Indeed Bewerbungsstudie 2016 haben 42 Prozent der Kandidaten schon einmal einen Bewerbungsprozess abgebrochen, weil er nicht ihren Vorstellungen entsprach. Das muss sich ändern, findet Frank Hensgens, Geschäftsführer von Indeed in Deutschland. „Landauf, landab beklagen Unternehmen einen Fachkräftemangel – daher ist es gerade jetzt Pflicht für Personaler, auf die Wünsche der Kandidaten einzugehen.“

Wie hat sich die Candidate Experience verändert?

Hensgens hat Recht. Seit dem Wandel von Arbeitgeber- zum Bewerbermarkt haben schließlich Talente die Wahl und nicht mehr die Unternehmen. Heute bewerben sich Arbeitgeber beim Bewerber und nicht mehr umgekehrt. Dabei sollten Betriebe die gleiche Sorgfalt walten lassen, die sie noch vor zehn, zwanzig Jahren von ihren Bewerbern abverlangten und ihnen einen optimalen Bewerbungsprozess kredenzen.

Doch wo sollten Unternehmen zuerst ansetzen? Worauf es Kandidaten bei der Candidate Experience vor allem ankommt, förderte die „Candidate Journey Studie 2017“ von meta HR und stellenanzeigen.de zutage. Sie zeigte: Der Frust vieler Kandidaten beginnt schon sehr früh im Bewerbungsprozess.

Candidate Experience: Was Bewerber wirklich wollen

Auf den verschiedenen Online-Plattformen einer Organisation suchen sie im ersten Schritt nach Informationen über:

  • Kultur und Werte
  • Weiterbildungsmöglichkeiten
  • Benefits
  • Work Life Balance
  • Standorte
  • Das soziale Engagement von Unternehmen

Hier gibt es bei vielen Unternehmen allerdings noch eine ganze Menge Nachholbedarf, besonders wenn es um die Kommunikation der eigenen Unternehmenskultur geht. Nur 40 Prozent der Unternehmen haben es laut Studie geschafft, ihre Kultur nachvollziehbar darzustellen.

Beim Bewerbungsprozess selbst sprachen sich Talente vor allem für die Mobile- oder One-Click-Bewerbung aus. Bei letzter werden die Profildaten aus einem Businessnetzwerk mit einem Klick in das Bewerbermanagementsystem eines Unternehmens importiert. Für Bewerber, die sich schnell über das Smartphone bewerben wollen, ist das optimal. 50 Prozent aller Befragten gaben an, mobile Bewerbungen „attraktiv“ zu finden, bei den unter 30-Jährigen waren es sogar 62 Prozent. Allerdings bieten nur die wenigsten Unternehmen mobil optimierte Bewerbungsformen an.

Welche Erfolge können Unternehmen durch eine gute Candidate Experience erwarten?

„Wer im Bewerbermanagement den Anschluss verliert, büßt als potenzieller Arbeitgeber rasch an Attraktivität ein“, betont Ekkehard Veser, Geschäftsführer von Kununu-Deutschland. In Zeiten des Fachkräftemangels – das Nürnberger Institut für Berufs- und Arbeitsmarktforschung (IAB) erwartet bis 2030 eine Lücke von 5,2 Millionen Fachkräften – könne das niemand riskieren wollen.

Arbeitgeber, die in ihre Candidate Experience investieren, können sich dagegen einer höheren Zahl an passgenauen Bewerbern sicher sein und einer langen Mitarbeiterbindung – mit positivem Effekt für ihre Wettbewerbsfähigkeit.

Doch das Allheilmittel für eine angeschlagene Candidate Experience ist ein IT-System natürlich nicht allein. Auch im direkten Kontakt sollte sich manches tun. Beim ersten Zusammentreffen sollten Unternehmen beispielsweise wertschätzend und auf Augenhöhe mit dem Kandidaten umgehen. Candidate Experience kann mit den richtigen Bordmitteln so einfach sein…

Um genau diesen Praxisbezug geht es im zweiten Teil dieser Mini-Serie zum Thema Candidate Experience: Wie können Unternehmen ihre Candidate Experience optimieren? Coming soon!