Wann das Privileg Sonderurlaub greift: Ansprüche auf Freistellung
Urlaub hat nicht immer nur entspannte Anlassfälle. Bei gravierenden Einschnitten im persönlichen Privatleben kommt der Sonderurlaub ins Spiel. Wie die Ansprüche dafür geregelt sind und was es zu beachten gilt, erklären wir im Blog!
Inhaltsverzeichnis
- Eine Definition von Sonderurlaub vs. Regelurlaub
- Der Anspruch auf Sonderurlaub von seiner rechtlichen Seite
- Gründe für die Anspruchsgrundlage Sonderurlaub
- Die Haltung des Arbeitgebers ist verweigernd
- Tipps für den optimalen Umgang mit Sonderurlaub
- Das Fazit: Erholungsurlaub ist etwas anderes
- Was ist Sonderurlaub FAQ
Sonderurlaub kann man bürokratisch als Formalie einer Auszeit abtun. Dass dem Hintergrund damit nicht Genüge getan ist, verdeutlicht, dass seine Notwendigkeit sich in Zeiten persönlicher Ausnahmesituationen ergibt, in denen das Leben unmittelbar wichtiger wird als die tägliche Arbeit. Das können familiäre Notfälle, Hochzeiten, Geburten oder andere mitunter unvorhersehbare Ereignisse sein. Ihnen gemein ist, dass die menschliche Komponente des Arbeitslebens zum Tragen kommt. In diesem Zusammenhang zeigt er, wie ein Unternehmen mit seinen Mitarbeitern umgeht, sobald er schlagend wird. Man kann den Umgang damit also viel eher als Zeichen von empathischer Fürsorge in einer modernen, mitarbeiterorientierten Arbeitskultur betrachten.
Im Folgenden beleuchten wir, was Sonderurlaub wirklich bedeutet, wie er sich von regulärem Urlaub unterscheidet und wie Unternehmen mit diesem sensiblen Thema umgehen sollten.
Eine Definition von Sonderurlaub vs. Regelurlaub
Auf den ersten Blick mag der Unterschied zwischen Sonderurlaub und Regelurlaub lediglich in der Dauer liegen. Doch tatsächlich trennen diese beiden Konzepte weit mehr als nur die Anzahl der freien Tage. Regelurlaub ist vonseiten des Arbeitnehmers planbar und dient der Erholung, um die Work-Life-Balance aufrechtzuerhalten, indem man etwa einen sonnigen Strandaufenthalt genießt. Sonderurlaub hingegen tritt ein, wenn das Privatleben durch besondere persönliche Anlässe in den Vordergrund drängt.
Sonderurlaub ist kein gewöhnlicher Urlaubsanspruch, den man im Voraus strukturiert und nach Belieben einreicht. Das „Sonder“ steht für das Unvorhersehbare, das Unerwartete. Für sich gesehen, verlangt er nach mehr als einer Pause von der Arbeit, da persönliche Krisen oder hervorragende Momente der Freude ihren Zoll einfordern. Kurzum ist der Sonderurlaub die Möglichkeit, bei wichtigen Lebensereignissen kurzfristig eine Auszeit zu nehmen, wenn der Job einfach mal hinten anstehen muss.
Der Anspruch auf Sonderurlaub von seiner rechtlichen Seite
Wie deckt sich dieser emotionale Aspekt jetzt mit dem Rechtsrahmen? Es ist zu sagen, dass das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) den Sonderurlaub in Deutschland nicht direkt regelt. Vielmehr überlässt es diese Regelung weitgehend den Arbeitsverträgen, Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen. In § 616 BGB Satz 1 ist Folgendes zu lesen:
"Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird." (https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__616.html)
Dieser Satz stellt also grundsätzlich klar, dass ein Arbeitnehmer Anspruch auf eine bezahlte Freistellung dieser Natur hat. Wichtig ist jedoch, dass der „persönliche Grund“ nicht näher spezifiziert wird und daher ein breiter Interpretationsspielraum gegeben ist. Der Hinweis auf die Verhältnismäßigkeit der Zeitdauer bedeutet in der Praxis, dass solche Freistellungen zumeist über wenige Tage nicht hinausgehen müssen. Wie zuvor erwähnt, sind die genauen Bedingungen des Sonderurlaubs häufig durch Arbeitsverträge durchdekliniert, um über den Minimalkonsens des Bürgerlichen Gesetzbuches hinaus einen Rechtsanspruch zu etablieren.
Gründe für die Anspruchsgrundlage Sonderurlaub
Wann genau dieser Anspruch besteht, ist nicht immer eindeutig. Es existieren sowohl unzweideutige Anlassgründe, als auch Grauzonen, die von der individuellen Unternehmenspolitik abhängen. Wir widmen uns beiden.
Todesfall eines nahen Angehörigen
Beim Versterben eines nahen Familienangehörigen (darunter Eltern, Kinder, Ehepartner) zeigt der Arbeitgeber grundsätzlich vollstes Verständnis. Die Dauer variiert zwar, aber üblicherweise erhalten Arbeitnehmer 1 bis 3 Tage Sonderurlaub, um die Beerdigung zu organisieren sowie sich auf persönliche Angelegenheiten zu konzentrieren.
Hochzeit
Wenn die Hochzeitsglocken klingeln sollen, wird in vielen Unternehmen Sonderurlaub gewährt. Der Umfang pendelt zwischen 1 und 2 Tagen, um einerseits die Zeremonie und andererseits die anschließenden Feierlichkeiten unter einen Hut zu bekommen.
Die Geburt des eigenen Kindes
Schwangere Frauen sind zum Zeitpunkt des nahenden Gebärens schon einige Wochen im Mutterschutz. Wie steht es jedoch um die werdenden Väter? Arbeitnehmende haben aus Gründen der Geburt einen Anspruch auf Sonderurlaub. Auch hierbei werden dem Mitarbeiter generell 1 bis 2 Tage gegeben, um die Geburt zu erleben und erste Schritte hinsichtlich Anmeldung beim Standesamt, Informierung der Krankenkasse, Antrag auf Kinder- sowie Elterngeld usw. zu unternehmen.
Umzug des Arbeitnehmenden
Die Kartons mit den Habseligkeiten sollen verpackt und das aufwändige Unterfangen des Umzugs in die Wege gebracht werden. Ein Grund für Sonderurlaub? Ja! In solchen Situationen erlauben viele Arbeitgeber bis zu 2 Tage Freistellung, damit alles reibungslos über die Bühne laufen kann.
Erkrankung eines Kindes
Im Falle der Krankheit des Kindes greifen andere gesetzliche Regelungen, insbesondere das Kinderkrankengeld. Eltern dürfen also die Arbeitsfreistellung für das Aufpäppeln des Nachwuchses verlangen, wobei das aber unter den Rahmen der Lohnfortzahlung über die gesetzliche Krankenversicherung fällt. Um Sonderurlaub handelt es sich ergo nicht. Eine Ausnahme gilt für Personen im öffentlichen Dienst, denen unter bestimmten Bedingungen bis zu 4 Tage bezahlten Sonderurlaub pro Kind und Jahr zusteht.
Renovierungsarbeiten
Arbeitnehmern kann durch den Aufwand der Renovierung des eigenen Wohnraumes ein zeitintensives Projekt entstehen. Die Voraussetzungen für einen Sonderurlaub sind damit aber nicht erfüllt. Da die Renovierung als weniger dringlich interpretiert wird, müssen Mitarbeiter so gut wie immer regulären Urlaub dafür beantragen.
Erkrankung eines entfernteren Familienmitglieds
Ein entfernter Verwandter, wie ein Onkel oder eine Tante, wird schwer krank und der Mitarbeiter möchte die Pflege übernehmen. Obwohl das für den Arbeitnehmer persönlich von höchster Bedeutung sein kann, erkennen die meisten Unternehmen darin keinen Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub. Alternativen gibt es diesbezüglich im Pflegezeitgesetz oder im Antrag auf unbezahlten Urlaub.
Geburtstag
Ihr Geburtstag ist im Gros der Fälle kein Freifahrtschein für Sonderurlaub. Das Arbeitsrecht sieht keinen Anspruch auf einen freien Tag vor, auch wenn Sie sich vielleicht einen unterhaltsamen Ausflug wünschen. Manche Unternehmen bieten Ihnen womöglich in dieser Situation ein kleines Geschenk oder eine Feier an. Ihren Urlaub müssen Sie hingegen gezielt um diesen Tag herum selbstständig veranlassen.
Die Haltung des Arbeitgebers ist verweigernd
Können Arbeitgeber Sonderurlaub eigentlich einfach verweigern? Die Antwort darauf ist nicht ganz eindeutig. In der Regel haben Arbeitnehmer keinen gesetzlichen Anspruch auf Sonderurlaub, wobei das im Gesetz geregelte Fälle wie den Tod oder die Geburt eines Kindes nicht betrifft. Fehlen vertragliche Vereinbarungen zum Sonderurlaub im Arbeitsverhältnis, verschafft das den Arbeitgebern den Ermessensspielraum, diesen zu gewähren oder abzulehnen.
Auf der anderen Seite führt ein willkürliches oder undurchsichtiges Vorgehen beim Genehmigungsprozess zu Vertrauensverlust und Frustration bei den Mitarbeitern. Besonders bei persönlichen Anlässen wie Hochzeiten sind transparente Entscheidungen aufgrund der emotionalen Aufladung der Ereignisse essentiell. Von daher sollten Arbeitgeber auch berücksichtigen, dass eine faire Handhabung von Sonderurlaub sich ebenso langfristig auf die Arbeitgebermarke auswirken kann. Benachteiligende Vorgehensweisen haben in diesem Zusammenhang noch nie positive Beiträge zum Employer Branding geleistet.
Tipps für den optimalen Umgang mit Sonderurlaub
Um es gar nicht erst so weit kommen zu lassen, evaluieren wir hier einige praktische Tipps, die helfen können, das Thema Sonderurlaub harmonisch zu gestalten:
Erklären Sie den Anlass nachvollziehbar
Informieren Sie Ihren Arbeitgeber über den Anlass. Ein unmissverständlicher Grund für den Sonderurlaub deckt sich mit einer einvernehmlichen Umsetzung.Tarifvertrag beachten
Welche Rechte Sie haben, ist klipp und klar in Ihrem Arbeitsvertrag festgeschrieben. So können Sie auf vertragliche Ansprüche hinweisen, falls diese bestehen und natürlich auf diese pochen.Bereiten Sie sich auf eine mögliche Ablehnung vor
Auch wenn Sie Sonderurlaub beantragen, besteht keine Garantie, dass dieser genehmigt wird. Falls er abgelehnt wird, können Sie Alternativlösungen, wie zum Beispiel die Nutzung von Überstunden oder regulären Urlaubstagen priorisieren.Empathie zeigen
Arbeitgeber sollten wiederum bedenken, dass Sonderurlaub nicht aus Jux und Tollerei notwendig wird. Eine empathische Haltung kann hierbei im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber Wunder wirken.Eine individuelle Vereinbarung bei schwerwiegenden Anlässen
Es kann etwa hinsichtlich der Beerdigung eines Familienmitglieds überaus sinnvoll sein, den Sonderurlaub als Arbeitgeber großzügig anzulegen und gegebenenfalls außerhalb der üblichen Regelungen Zusatzurlaub zur Verfügung zu stellen.Vermeiden Sie unfaire Bevorzugung
Im gleichen Atemzug ist auf Gleichbehandlung maximal zu achten. Die bevorzugte Behandlung spezifischer Mitarbeiter kann Missgunst im Team auslösen, während eine einheitliche Handhabung einem gerechten Arbeitsumfeld Rechnung trägt.
Das Fazit: Erholungsurlaub ist etwas anderes
Sobald sich im Umfeld des Arbeitnehmers etwas Erschütterndes (ob nun positiv oder negativ) ereignet, ist dies eine Gelegenheit für Arbeitgeber, klare Kante zu zeigen. Infolge von Geburten oder Todesfällen sollte nicht der Gedanke an die unbeantwortete E-Mail-Korrespondenz an erster Stelle stehen. Hier sind Arbeitgeber gefordert, großzügig und unbürokratisch zu agieren, um das Vertrauen ihrer Mitarbeiter langfristig zu sichern. In solchen Lebensmomenten zahlt sich Menschlichkeit aus.
Aus Arbeitnehmerperspektive hat der vorliegende Artikel gezeigt, dass der Rechtsrahmen des Bürgerlichen Gesetzbuches zumindest oberflächlich ausfällt. Um keinen Missverständnissen ausgesetzt zu sein, sollten Sie sich schon vorab über die diesbezüglichen Regelungen in Ihrem Arbeitsvertrag Gewissheit verschaffen. Das Kennen der Spielregeln umgeht Konfliktpotenzial, wodurch der Sonderurlaub im Bedarfsfall problemlos bewilligt wird.
Was ist Sonderurlaub FAQ
Ereignisse wie die zuvor erläuterte Hochzeit, die Geburt des eigenen Kindes, der Todesfall eines nahen Angehörigen oder ein Umzug fallen unter Sonderurlaub. Je nach tariflichen Vereinbarungen oder Betriebsregelungen differieren die exakten Ansprüche jedoch.
Nein, Sonderurlaub wird normalerweise nicht von den regulären Urlaubstagen subtrahiert, da er eine eigene Freistellung zustandekommen lässt und zusätzlich zum normalen Urlaub genehmigt wird.
Die Anzahl der Tage, die man zugesprochen bekommt, variiert je nach Anlass und Arbeitsvertrag. Üblich sind 1 bis 3 Tage für Ereignisse wie den Tod eines nahen Angehörigen, zwischen 2 und 3 Tagen für eine Geburt oder oftmals 1 Tag zum Datum der Hochzeit.
Während er bei Anlässen wie einer Hochzeit oder der Geburt eines Kindes meist bezahlt ist, kann er in anderen Fällen, wo vertragliche Regelungen nicht vorhanden sind oder ein weniger dringlicher Grund besteht, auch durchaus unbezahlt sein. Das ergibt sich erneut aus dem Arbeits- oder Tarifvertrag